* 14. August 1910
† 19. August 1995
von Torsten Möller
Essay
Pierre Schaeffer zählt zu denjenigen Komponisten, die einen traditionellen Begriff von Musik mit einer neuartigen Ästhetik konfrontierten. Die Vorstellung, dass Musik untrennbar mit klangerzeugenden Instrumenten oder ausführenden Interpreten verknüpft sei, wurde durch Schaeffers Werke – wie die Werke der von ihm begründeten Musique concrète – ebenso infrage gestellt wie die Ansicht, dass sich Musik in exakt fixierten Tonhöhen artikulieren müsse. Zwar hat es in Kompositionen von Edgard Varèse und John Cage, deren Einfluss auf seine eigenen Werke Schaeffer – neben demjenigen Olivier Messiaens – ausdrücklich erwähnt (Schaeffer 1967, dt. 1974, 62f.), bereits Ansätze gegeben, Geräusche als musikalisches Ausgangsmaterial zu berücksichtigen. Doch letztendlich sind es weniger diese Komponisten als vielmehr Entwicklungen innerhalb der bildenden Künste, die mit der Ästhetik der Musique concrète in Zusammenhang gebracht werden können (de la Motte-Haber 1999, 11).
Insbesondere das in den 1910er- und 1920er-Jahren von Surrealisten und Dadaisten verwendete „objet trouvé“ weist Analogien zu Schaeffers Entdeckungen auf. Durch das Einbeziehen „gefundener“ Alltagsgegenstände sollte die ausschließliche Beschäftigung mit der Sphäre der Kunst vermieden werden, um die Distanz zwischen Kunst und Alltag zu verringern. Selbst wenn der letzte Aspekt im Schaffen Schaeffers eine weniger ausgeprägte Rolle spielte als ...